von Katherine Arden
💖💖💖💖💖
Fantasy Magie Mythologie Female Lead
Das junge Mädchen Wasja wächst in dem kleinen Dorf Lesnaja Semlja irgendwo im kalten Rus (heute Russland) auf. Wasja ist anders als andere Kinder (vor allem benimmt sie sich nicht so, wie man es von einem Mädchen erwarten würde), kann sich nicht in das gesellschaftliche Gefüge ihres Dorfes einordnen und eckt immer wieder an, nicht zuletzt auch weil die anderen Dorfbewohner aufgrund ihres seltsamen Verhaltens denken, sie wäre eine Hexe.
Russische Mythologie, heidnische Wesen (die Tschyerti genannt werden) und Dämonen spielen in der Geschichte eine große Rolle, so wohnt ein kleines Wesen namens Domowoi im Ofen eines jeden Hauses und soll Haus und Bewohner beschützen und der Frost-Dämon bringt die kalten, harten Winter, denen immer wieder Menschen zum Opfer fallen.
Die Fantasy-Buchreihe ist perfekt für den Winter, man kann sich einkuscheln und über Winterwetter, Folklore und prasselnde Öfen (auf denen traditionellerweise geschlafen wurde) lesen.
Band 1 - Der Bär und die Nachtigall
"Wenn du fort bist, werden wir alle sterben."
Die Geschichte beginnt als Wasja noch ein Kind ist. Wasja (auch Wasilisa oder Wasotschka genannt...) wächst mehr oder weniger behütet auf, bereitet aber ihrem Vater sowie ihrem Kindermädchen immer wieder Kopfzerbrechen, da sie zum einen ein wildes, sturköpfiges Mädchen ist, zum anderen, weil sie Wesen sehen kann, die sonst niemand sieht und die normalerweise nur in Geschichten vorkommen. Sie wird natürlich für verrückt gehalten, aber da sie noch ein Kind ist, nimmt sie auch niemand so richtig ernst. Problematisch wird es, als ein neuer (außerordentlich frömmiger...und selbstzentrierter) Priester Namens Konstantin ins Dorf kommt, der Wasja unbedingt den Teufel austreiben will und dafür Unterstützung von Wasjas hochgläubiger Stiefmutter Anna bekommt. Der Konflikt wird weiter angetrieben, weil Konstantin irgendwie auch auf Wasja scharf ist, und deshalb mit sich selbst im Wiederstand steht und Anna neidisch (?) wird. Anna und Konstantin bringen die Dorfbewohner dazu, den alten Tschyerti keine Gaben mehr dazulassen, wodurch Diese immer schwächer werden.
Der dadurch entstehende Konflikt zwischen den alten Wesen und der orthodoxen Kirche ist nervenaufreibend, denn welcher Glaube ist jetzt richtig? Um ehrlich zu sein ist es mir nicht schwer gefallen, mich auf Wasjas Seite zu schlagen, denn Anna und Konstantin sind einfach nervig und arrogant.
Allerdings kann Wasja den Kampf nur verlieren, denn sie ist die Einzige, die Wesen wie den Domowoi sieht und somit auch als einzige noch an sie glaubt und ihnen Opfergaben bringt. Alle anderen Bewohner des Dorfes (so auch Wasjas Familie) lassen sich von dem Priester um den Finger wickeln und die alten Wesen geraten immer mehr in Vergessenheit. Man muss Wasja hilflos bei ihrem Kampf gegen Windmühlen zuschauen und obwohl sie Konstantin sogar einmal das Leben rettet, hält der weiter an seinem Glauben fest, dass sie eine Hexe ist und in irgendeiner Weise vernichtet (alternativ: ins Kloster geschickt oder verheiratet, was unserer starken und unabhängigen Protagonistin so gar nicht gefällt) werden muss. Man kann kaum dabei zuschauen, wie sehr Konstantin von sich selbst überzeugt ist und wie blind ihm die Dorfbewohner folgen.
⮟ Wie geht es weiter?...
Dass Wesen wie der Domowoi schwächer werden, bleibt natürlich nicht folgenlos. Der Winter wird schlimmer und Menschen verhungern, denn eine "böse Macht" (in Form eines einäugigen Mannes? Wesens? man weiß es nicht (Nachtrag von Zukunfts-Kaffekatze: zu Beginn wird nicht ganz klar, worum es sich bei dem Bösen handelt, aber im Laufe der Geschichte lernt man,dass es sich um Medwed handelt, auch der Bär genannt welcher der Zwillingsbruder von Morosko ist, und gerne alle Macht an sich reißen würde)) in den Wäldern Rus' erhebt sich. Wasja versucht sich natürlich diesem Bösen zu stellen und wird dabei vorerst von Morosko, dem Winterkönig mit hübschen frostblauen Augen (*zwinker zwonker*) gerettet.
Nach diesem (wortwörtlichen) Kampf flieht Wasja vorerst aus ihrem Dorf und beschließt, durch die Welt zu ziehen. Der Winterkönig schenkt ihr dafür das schönste und stärkste Pferd der Welt. Was mit den heidnischen Wesen, sowie dem Bösen und dem Winterkönig (auch mal Frostdämon genannt) passiert, bleibt erstmal ungeklärt, aber es folgen ja auch noch 2 weitere Teile.
Es ist mir sehr leicht gefallen, mich mit Wasja zu identifizieren, sie hat einen vielschichtigen Charakter, ist sehr nahbar und kämpft für Gerechtigkeit. Umso frustrierender ist es, mitanzusehen, wie sehr sie alle hassen und sie unbedingt vertreiben wollen. Außerdem ist das Buch keine leichte Kost, da Themen wie Kinderehe, Vergewaltigung und Gewalt (was im Russland des 12. Jahrhunderts wohl normal war) immer wieder aufkommen. Deshalb würde ich es auch eher als Erwachsenen-Fantasy einstufen. Alles in allem eine athmosphärische und spannende Geschichte.
Band 2 - Das Mädchen und der Winterkönig
"Es war kurz vor Mitternacht, jener dunklen, zauberhaften Stunde, die Nacht bedroht durch Eis und Sturm und einen leeren Himmel, der über allem gähnte wie ein Abgrund. Und doch ritten das Mädchen und ihr Pferd unermüdlich weiter."
Ich würde gerne mal kurz durchatmen, aber dieses Buch erlaubt es mir nicht.
Also, Wasja hat es geschafft, zu entkommen, was ihre Situation jedoch nicht verbessert. Im kalten, rauen Winterwald kämpft sie ums überleben und um jedes bisschen Wärme, immer noch an ihren Prinzipien festhaltend. Da ihr das Überleben in der Eiseskälte garnicht mal so leicht fällt (obwohl ihr Durchhaltevermögen durchaus beeindruckend ist), eilt ihr mal wieder der gutaussehende und liebevolle Winterkönig zur Hilfe (Spoiler: das passiert noch öfter und irgendwann fängt Wasja an, zu erwarten, dass ihr der Frostdämon immer hilft, wenn sie in eine Notlage gerät). Wasja begegnet verschiedenen netten und weniger netten Menschen (tut dabei immer so, als wäre sie ein Junge) und erlebt auf ihrer Reise gen Süden immer wieder, dass Dörfer von Bandiden abgebrannt und Mädchen entführt werden. Heldenhaft macht sie sich auf die Suche nach den Banditen und schafft es tatsächlich auch, sie zu finden, sich ihnen zu stellen und lebend aus einem Kampf zu entkommen. Durch Zufall begegnet sie dem Großfürsten von Moskau sowie ihrem Bruder wieder (der hauptsächlich besorgt darüber ist, dass ihre Lüge auffliegt und alle herausfinden, dass sie eigentlich ein Mädchen ist, was mich tbh auch die ganze Zeit nervös gemacht hat) und bleibt erstmal bei ihm. Gemeinsam kämpfen sie gegen mehr Banditen und machen sich dann auf den Weg Richtung Moskau, wo ihr Bruder Wasja bei deren gemeinsamer Schwester unterbringen möchte, denn so ein Leben als Held und Banditenjäger geht garnicht für eine Frau, egal wie gut sie darin ist.
In Moskau hält Wasja die Lüge erstmal aufrecht, weil sie ihren Ruhm und das Leben als junger Mann viel zu sehr genießt. Immer wieder geht sie auf Raufereien und Wettkämpfe ein und meine Nerven liegen mittlerweile blank, weil man förmlich schon spüren kann, dass das bald alles auffliegt. Weiter dazu angefeuert wird sie von einem Fürsten Namens Kasjan, der sich bei ihr einschleimt und, das merken Wasja sowie der Leser sofort, Dreck am stecken hat. Kasjans Pferd ist noch toller und stärker als Wasjas (und Wasjas Pferd ist ja schon übernatürlich), er verhält sich auffällig und er ist einfach zu nett.
Davon Abgesehen sieht sie in Moskau auch noch einen Mann wieder, den sie als Anführer der Banditen identifiziert und der sich als Fürst ausgibt. Was hat es damit auf sich?
⮟ Wie geht es weiter?...
Wasja würde das gerne aufklären, jedoch kommt der richtige Zeitpunkt dafür nie, denn Kasjan macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Er deckt ihre Lüge auf, indem er sie in der Öffentlichkeit entblöst und alle sind übertrieben entsetzt. Die Situation ist unglaublich unangenehm und bedrückend, denn in einem Moment haben noch alle Wasili den Tapferen gefeiert und im nächsten hassen alle Wasja, weil sie eine Frau ist, die Pferde reitet und sich prügelt. Um der Hexenverbrennung zu entgehen, lässt ihre Familie sie erstmal einsperren, obwohl sie eigentlich das Banditenproblem lösen und Kasjans Geheimnisse aufdecken müsste. Man sollte meinen, der Winterkönig wird schon kommen und sich kümmern, aber das geht leider nicht, da er mit Kasjan (der Wasja jetzt anbietet, sie zu "retten", indem sie ihn heiratet) in Konkurrenz steht.
Es bricht eine weitere Schlacht im Moskau um das Amt des Großfürsten los, bei der Wasja auch mitmischt und alles ist ein bisschen durcheinander.
Ganz nebenbei entsteht auch noch eine (nicht gut funktionierende, da es sich hier immerhin um den Totengott handelt) Liebelei mit den Winterkönig, der immer mal wieder auftaucht und in den Wasja jetzt total verschossen ist. Die Beziehung ist nicht besonders detailliert und nimmt nur einen kleinen Teil der Geschichte ein, deshalb habe ich hier auch noch Probleme, mich reinzufühlen.
Insgesamt passiert seeehr viel in diesem Buch und alles rasend schnell und ein bisschen durcheinander. Dadurch, dass so viele interessante Sachen hintereinander passieren, fällt es aber auch leichter, dranzubleiben. Es bleibt spannend.
Allerdings bleiben auch einige Fragen offen und die vielen Ereignisse und Personen sind ein bisschen verwirrend. Ich bin sehr gespannt auf Teil 3 und hoffe, dass alle Fragen (und das sind echt viele) aufgeklärt werden.
Band 3 - Die Hexe und der Winterzauber
"Es gibt keine Ungeheuer auf dieser Welt und keine Heiligen. Nur
unendlich viele Schattierungen, die alle in denselben Teppich gewoben
sind, hell und dunkel. Das Ungeheuer des einen ist die Geliebte des
anderen."
Wasja überlebt die Schlacht in Moskau, wird allerdings von einem wütenden Mob Moskauer und dem Priester Konstantin der Hexerei bezichtigt und kurzerhand beschließen sie, Wasja als Hexe zu verbrennen. Sie wird verprügelt, in einen Käfig gesperrt und angezündet. Die Brutalität und Willkür hat mich ein bisschen an Game of Thrones erinnert und mich ganz schön mitgenommen. Der Autorin gelingt es sehr gut, den Leser mitfühlen zu lassen.
Wasja schafft es, mithilfe ihrer Hexenkräfte aus dem Käfig zu entkommen und überlebt geradeso. Sie nimmt die Straße durch Mitternacht und gelangt so in das Reich der Dame Mitternacht. Dieses Reich ist unheimlich gut geschrieben, die Autorin hat sich eine komplexe und fantastische Welt ausgedacht, mit Fabelwesen, verschiedenen Jahreszeiten, durch die man reisen kann und der Möglichkeit, in der Zeit zu Reisen und an einem beliebigen Zeitpunkt aus dem Reich Mitternacht wieder in die reale Welt zurückzukehren.
Wasja heilt und muss sich nun überlegen, wie sie Medwed und die Tartaren besiegen kann.
Zeitgleich gewinnt Konstantin mithilfe von Medwed immer mehr Macht in Moskau, dabei ist Konstantin allerdings nur der Mitläufer, der gerne viel Geld und Ansehen hätte, während Medwed am Liebsten die Weltherrschaft an sich reißen würde. Konstantin stellt sich immer mal wieder die Frage, ob er das Richtige tut, aber zur Vernunft kommt er nicht.
⮟ Wie geht es weiter?...
Wasja macht sich auf die Suche nach Morosko und kann ihn von seinem Fluch des Vergessens befreien.
Gemeinsam schaffen sie es Medwed zu binden und Wasja denkt, damit wäre es getan. Als jedoch die Schlacht der Moskauer gegen die Tartaren bevorsteht (welche deutlich in der Überzahl sind), braucht sie alle Hilfe die sie kriegen kann und so schließt sie einen Pakt mit Medwed und gemeinsam kämpfen sie alle gegen die Tartaren (und gewinnen natürlich, yay! happy end!).
Die Beziehung zwischen Wasja und Morosko festigt sich ganz nebenbei auch noch, und es ist irgendwie erleichernd, dass die beiden es jetzt endlich geschafft und zueinander gefunden haben. Die Beziehung ist wirklich schön beschrieben, nicht zu kitschig, aber trotzden tiefgreifend und sehr ernst.
Wasja macht im Laufe des Buches eine enorme emotionale Entwicklung durch, da sie ja feststellen musste, dass sie nur mit Medweds Hilfe gewinnen konnte und alle Tschyerti unterschiedlich sind, aber keiner gut oder böse ist. Sie schafft es, geschickt und sensibel das Gleichgewicht in der Welt wiederherzustellen.
In Moskau sowie in der Welt der Tschyerti kehrt wieder Harmonie ein.
Wasja entwickelt sich von dem kleinen stürmischen Mädchen in eine souveräne junge Frau.
PS.: Konstantin stirbt :)
Ich habe den Weltenbau der Reihe geliebt und Wasja ist eine fantastische, unperfekte aber willensstarke und zielstrebige Protagonistin, mit der man einfach mitfiebern muss. Die Charaktere sind sehr gut skizziert, vielschichtig und entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter.
Die Bücher sind ein interessanter Mix aus Mittelalter, russischer Folklore und Fantasy, sehr detailreich und atmosphärisch.
Da auch im zweiten und dritten Teil Gewalt und Politik eine große Rolle spielen, ist die Reihe vielleicht nicht für jeden was, aber dass gehört zum Russland des 12. Jahrhunderts und dieser Geschichte dazu und macht es für mich umso spannender und realistischer.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen